Liebe Elterleiner, Hermannsdorfer und Schwarzbacher!
Windkraft ist momentan in aller Munde und sorgt besonders hier im Erzgebirge für hitzige Debatten. Seit Kurzem werden auch wir in Elterlein, speziell unsere Hermannsdorfer Mitbürger mit diesem Thema konfrontiert. Nach Aussagen unseres Bürgermeisters sieht ein Windprojekt den Bau
von mehreren Windkraftanlagen in Hermannsdorf vor. Aktuell laufen Untersuchungen der Flora und Fauna. Sind diese abgeschlossen und ergeben sich daraus keine Hinderungsgründe, wird mit den detaillierten Bauplanungen begonnen.
Bei vielen Dorfbewohnern stoßen diese Aktivitäten auf Ablehnung. Von „weitgehender Zerstörung der Wohnqualität und hochgradige Beeinträchtigung des Ortsbildes“ ist die Rede. Naturschützer melden sich zu Wort und sagen enorme negative Folgen auf die Tierwelt voraus. Grundstückeigentümer die als Verpächter für Projektflächen in Frage kommen, werden öffentlich aufgefordert auf dieses Geschäft zu verzichten. Auf Antrag der AfD-Stadtratsfraktion entscheidet der Stadtrat demnächst sogar darüber, ob diese potenziellen Grundstückverpächter, sofern sie auf die Verpachtung verzichten, aus der Stadtkasse entschädigt werden sollen.
Sorgen und Ängste der Menschen vor Neuem sind so alt wie der Mensch selbst. Und das ist auch gut so, denn Fortschritt entwickelt sich nicht allein daraus, dass unerschrockene, zweifellos auch mutige, aber oftmals auch unüberlegte Akteure vorangehen. Fortschritt braucht gleichermaßen auch zweifelnde, nachdenkende Menschen die zwar Chancen erkennen, aber auch die Risiken und Auswirkungen des geplanten Vorgehens sehen. Letztlich ist es die Kombination beider Handlungsweisen, die aus einer Idee ein erfolgreiches Projekt werden lassen.
Dagegen ist aus meiner Sicht die kompromisslose Ablehnung einer Sache keine Alternative. Das Ausblenden von Chancen verbunden mit dem bloßen Festhalten am Vergangenem, ist sicher zum Scheitern verurteilt. Die Maschinenstürmer im 19. Jahrhundert konnten die Industrialisierung der Welt durch die Zerstörung von Maschinen auch nicht aufhalten.
Vielleicht können in Hermannsdorf die geplanten Windräder durch Aktionismus verhindert werden, aber ich bin überzeugt, dass sie die Entwicklung damit nicht aufhalten. Andere Städte und Gemeinden um uns herum werden die Chance nutzen. Sie werden davon profitieren, dass nicht unerhebliche Gelder durch Pachtzahlungen und finanzieller Beteiligung bei der Stromerzeugung in ihre Orte gelenkt werden. Sie werden diese Gelder investieren und einen Standortvorteil haben, weil sie ihre Dörfer und Städte attraktiv erhalten und gestalten können.
Mir ist bewusst, dass Windkraft- und Photovoltaikanlagen Auswirkungen auf unser Umfeld und auf uns haben werden. Das ist unvermeidbar. Das ist allerdings auch mit jedem Bauwerk, mit jedem Gewerbegebiet, mit jeder Straße so. Auch die schränken uns ein, aber sie bieten auch Chancen. Natürlich müssen die Fragen von uns Bürgern sachgerecht beantwortet werden. Danach aber müssen wir klug abwägen, nicht was uns wichtig war, sondern was uns für unsere Zukunft wichtig ist.
Aber auch noch eine andere, eine gesamtgesellschaftliche Facette möchte ich in die Diskussion einzubringen. Jahrzehnte haben wir hier im Erzgebirge davon profitiert, dass für unseren Strombedarf in anderen Regionen ganze Landstriche und Dörfer den Braunkohletagebauen zum Opfer gefallen sind. Auch Atomkraftwerke wurden nur weit weg von uns errichtet. Wir haben bedenkenlos darauf gebaut, dass andere unseren Strom erzeugen und die damit einhergehenden Belastungen für uns tragen. Jetzt haben wir die technischen Möglichkeiten, zumindest Teile unseres Strombedarfes selbst decken zu können. Aus meiner Sicht haben wir damit auch die gesellschaftliche Pflicht dies, wo immer es geht und vernünftig ist, zu tun. Mir persönlich ist die Versorgungssicherheit eines dezentralen Stromnetzes und die Unabhängigkeit von Energieträgern anderer Länder wichtiger als der ungetrübte Blick auf den Fichtelberg. Vielleicht ergeben sich auch Chancen durch das nahliegende Pumpspeicherwerk. Energie, die in der Region durch Windkraft, Photovoltaik oder andere regenerative Technologien produziert wurde, hier zu speichern wäre sinnvoll. So könnte man Industrie und Gewerbe kontinuierlich mit preiswertem Ökostrom versorgen. Das ist für nicht nur ein Standortvorteil, sondern würde unsere ganze Region gesellschaftlich aufwerten.
Perspektive braucht Kompromisse, keine Ablehnung!
Mit freundlichen Grüßen
Andy Kehrer
Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Zwönitz-Elterlein